Direkte perzeptuelle Wahrnehmung korreliert oft mit Komplementtypen, die sich durch den Gebrauch infiniter Verbformen konstituieren. Wo dies nicht der Fall ist, kann der Typ des Komplementierers die Aufgabe der Komplementtypdifferenzierung zur Signalisierung eines analogen Bedeutungsunterschieds hinsichtlich des Wahrnehmungstyps übernehmen. Dies kann auch in Sprachen vorkommen, die an sich durchaus über infinite Verbformen verfügen, wie sich gut im Japanischen beobachten lässt (Holzapfel, Premper).
Wir hatten unser Arbeitsprogramm zunächst auf die Ausdrücke für den spontanen Gebrauch abgestellt. Dafür sind drei Gründe ausschlaggebend gewesen. Zunächst sind die Ausdrücke für die spontane Wahrnehmung wesentlich häufiger in Sprachen verschiedenster typologischer Struktur lexikalisiert, als dies bei den beiden anderen Verwendungsweisen der Fall zu sein scheint. Demzufolge sind auch vorliegende lexikologische Untersuchen in diesem Bereich häuptsächlich Ausdrucksformen der spontanen Wahrnehmung gewidmet. Zweitens fehlt für die kopulative Lesart ein epistemisch neutrales Analogon, das zum Beispiel in der Modalität der visuellen Wahrnehmung die Rolle einer rein sensorischen Klassifikation übernehmen könnte. Es ist noch nicht einmal klar, was man sich auf der kognitiven Ebene unter einer Erfahrung sensorischer Klassifikation vorzustellen hätte, die nicht von einem konzeptionellen Bewusstsein begleitet wäre, etwas als etwas charakterisiert zu haben. Drittens schienen die grammatischen Eigenschaften, die diese Verwendungsweise auszeichnen, relativ eigenständig zu sein und nicht dazu zu tendieren, in solche funktionalen Zusammenhänge mit den anderen Verwendungsweisen zu treten, die die Basis für einen typologischen Sprachvergleich abzugeben vermöchten.
Allerdings haben wir dann doch die kopulativen Lesarten in unseren Betrachtungen berücksichtigt. Wie oben angedeutet, ist damit zu rechnen, dass in Sprachen, die über keine formalen Mittel verfügen, verschiedene Arten von Einbettungen voneinander abzugrenzen, der kognitiv-konzeptuelle Unterschied zwischen einer epistemisch neutralen, spontanen sinnlichen Erfahrung und einer bewussten propositionalen Einstellung durch die Verwendung von Ausdrücken signalisiert wird, die zur Klasse der evidentials zu rechnen sind. Der Nachweis Wienolds eines notwendigen Bedeutungsmerkmals, das bei Perzeptionsverben in ihrer Verwendung als Kopulativverben den Grad der Gewissheit angibt, bestätigt einerseits die inhärente Verbindung zwischen propositionalem Gehalt einer Wahrnehmung und der damit korrespondierenden evidentiell abgetönten (nicht-sinnlichen) Vorstellungsbeziehung, andererseits hat dieser Nachweis die unausweichliche Konsequenz, dass die Ausblendung der Verwendungsweise als Kopulativverben aus der Analyse der Perzeptionsverben nicht aufrechterhalten werden kann. Teilweise als Reflex auf diesen Sachverhalt finden sich in den Arbeitspapieren von Anne Holzapfel und Stephen Berman Überlegungen zu den evidentials im Japanischen bzw. zu den theoretischen Problemen, die die Kopulative im Englischen aufwerfen.
Insofern wischen den Mayasprachen und den austronesischen Sprachen eine strukturelle Verwandtschaft besteht, verspricht eine eingehende vergleichende Analyse von PerzeptionsausdrüŸcken, die in diesen Sprachfamilien belegbar sind, besondere Aufschlüsse unter typologischer Perspektive. Während eines Gastaufenthaltes in Tübingen hat Edward Keenan erste Schritte in Richtung einer Analyse von Perzeptionsverbkonstruktionen im Madegassischen unternommen. Seine vorläufigen Resultate lassen vermuten, dass neben der Verzahnung entsprechender sprachlicher Techniken, die das formale Gegenstück von Sachverhaltskonstitution einerseits und Propositionskonstitution andererseits bilden und die in analoger Ausprägung im Akatek und im Jakaltek z.B. zu beobachten sind, auch die verschiedenen Komplementtypen, die Susanne Schüle in ihrer Fallstudie zu den Mayasprachen hervorhebt, im Madegassischen eine Entsprechung haben.
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